Traumatherapie für Opfer von Narzissten
Menschen, die aus einer toxischen Beziehung kommen und emotionalem oder auch körperlichem Missbrauch durch einen narzisstischen, soziopathischen oder dissozialen Partner ausgesetzt waren, benötigen in der Regel Begleitung und Hilfe, um sich zu erholen und zu heilen. Eine Behandlung der Folgen narzisstischen Missbrauchs ist oft unumgänglich. Leider wird es bisher von wenigen Therapeuten anerkannt oder überhaupt wahrgenommen, dass psychischer Missbrauch in der Familie oder der Partnerbeziehung traumatisierend ist. Speziell die für toxische Beziehungen charakteristische passive Gewalt, wie Silent Treatment, wirkt traumatisierend, ein Umstand, der bisher kaum in der Psychotherapie berücksichtigt wird.
In der Entzugsphase der toxischen Beziehung ist therapeutische Hilfe besonders wichtig. Um nicht rückfällig zu werden, ist es wichtig, die erprobten Stabilisierungstechniken der Traumatherapie anzuwenden und die Prägungen zu erkennen, die dazu führen, dass man immer wieder Kontakt zum narzisstischen oder toxischen Partner sucht.
Jeder der in einer solchen Beziehung war, hat die Erfahrung schon gemacht. Der Kopf weiß, dass es besser ist, keinen Kontakt zu haben, aber es ist nicht möglich. Immer wieder ruft man an, schreibt Nachrichten und telefoniert. Und immer wieder enden diese Kontaktversuche in großem Schmerz. Man wird sich bewusst, dass man emotional abhängig ist.
Diese Abhängigkeit lässt sich häufig nur mit qualifizierter therapeutischer Hilfe auflösen. Wenn herausgefunden werden kann, welche Persönlichkeitsanteile für das abhängige Verhalten verantwortlich sind, ist schon ein großer Schritt getan bei der Auflösung der emotionalen Abhängigkeit. Dazu bedarf es der Begleitung durch eine Therapeutin, die ausreichend Erfahrung mit Narzissmus und toxischen Beziehungen hat.
Trauma nach einer toxischen Beziehung
Oft ist traumatherapeutische Hilfe für die Behandlung narzisstischen Missbrauchs notwendig. Denn ein Trauma nach einer toxischen Beziehung ist keine Seltenheit.
Jeder Mensch ist einzigartig. In seiner Geschichte und in seinem Leid. Je länger und intensiver ein Mensch psychischem und körperlichem Missbrauch ausgesetzt ist, umso stärker ist die daraus resultierende Belastung, die bei vielen Opfern von Narzissten traumatischen Charakter annehmen kann.
Umso wichtiger ist eine individuelle Therapie für Opfer von Narzissten und Menschen, die emotionalem Missbrauch und psychischer Gewalt ausgesetzt waren. Der kumulative Charakter der Belastungen führt letztendlich zum Entstehen eines psychischen Traumas.
Hinzu kommt, dass viele Menschen, die toxische Beziehungen eingehen, dieses tun, weil sie in der Kindheit starke psychische Belastungen oder Traumatisierungen erlitten haben. Dadurch entwickelten sie Bindungsstörungen und Verhaltensweisen, die dazu führen, dass sie an narzisstische Partner geraten oder durch eigenes Verhalten Anteil daran haben, dass die Beziehung toxisch wird.
Die vier Phasen der Therapie nach einer toxischen Beziehung
Eine Therapie für Opfer von Narzissten und emotional und psychisch missbrauchten Menschen orientiert sich am besten an den vier Phasen der Traumatherapie.
Für die Heilung und Integration der Traumata die während einer toxischen Beziehung entstehen können, sind verschiedene Methoden gut geeignet. ich habe mit der Egostate Therapie unter Einbeziehung von Tools wie EMDR, Brainspotting, KIP und anderen sehr gute Erfahrungen gemacht.
Die Stabilisierungsphase
Stabilisierung ist die Grundlage einer erfolgreichen therapeutischen Behandlung von Opfern narzisstischen Missbrauchs. In der Entzugsphase der toxischen Beziehung muss die Klientin stabilisiert werden, damit sie den Entzug und die endgültige Lösung schafft. Die Entzugsphase beginnt im Grunde mit dem ersten Moment der Erkenntnis, dass die Beziehung toxisch ist oder der Partner ein Narzisst. Das erste OFF einer ON-OFF Beziehung ist der Beginn dder Entzugsphase.
Distanzierungsphase
Durch die Distanzierung verringert sich der emotionale Gehalt, der mit den Erinnerungen verbunden ist. In dieser Phase können die einzelnen Traumata möglichst belastungsarm angesehen werden. Häufig setzt in dieser Phase erst die Erinnerungsfunktion wieder ein. Viele Opfer von psychischem und körperlichen Missbrauch vergessen Misshandlungen und diese werden ihnen erst später wieder bewusst. Verantwortlich für das Vergessen ist die Oxytocinausschüttung im Moment der Traumatisierung, welche die Bindung an den Täter fördert und gleichzeitig die Gedächtnisspeicherung ausschaltet.
Die Konfrontationsphase
Die traumatischen Erfahrungen können angeschaut, durchgearbeitet und neu bewertet werden. Die Bilder können von belastenden Emotionen getrennt werden. Trigger können vermindert werden. Äußere und innere Sicherheit und Stabilität müssen für die Konfrontation mit den traumatischen Erlebnissen gewährleistet sein. Die Wichtigkeit der Konfrontation mit den Traumata wird häufig überbewertet, durch Stabilisierung und Distanzierung kann schon viel erreicht werden.
Integration und Neuanfang
Hier geht es darum, die Erfahrungen der toxischen Beziehung in die Lebensgeschichte und das Selbstkonzept zu integrieren. Eine neue Wahrnehmung entsteht und dadurch ein Lebenskonzept, mit dem der vorher leidende und hilflose Mensch wieder handlungsfähig wird.
Im Idealfall sind die vorher voneinander getrennt agierenden Persönlichkeitsanteile nun integriert und durch die Egostate Therapie und andere in die Therapie integrierte Verfahren miteinander verschmolzen, und bilden so eine neue, funktionale Identität..
Körperorientierte Psychotherapie
Körperorientierte Verfahren sind in der Therapie für Opfer von Narzissten und bei der Heilung der Wunden aus einer toxischen Beziehung unumgänglich. Bei Traumatisierungen funktioniert die Gedächtnisspeicherung nur sehr eingeschränkt. Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt erinnern sich nicht an alles, was ihnen widerfahren ist. Die missbräuchliche Beziehung wird wie durch einen Nebel wahrgenommen.
Das Opfer hat vergessen, was ihm durch den malignen Narzissten angetan wurde.
Erst in Phase 2, mit zunehmender Distanzierung, kehrt die Erinnerung langsam zurück. Deshalb ist es wichtig, dass die Klientin stabilisiert ist und die Standardtechniken der Stabilisierung internalisiert sind. Der Körper speichert traumatische Erlebnisse ebenfalls ab. Und so bieten körperorientierte Psychotherapien eine sanfte Möglichkeit, über Emotionen und Bilder Zugang zu den traumatischen Erlebnissen zu finden und diese schonend zu integrieren.
Verfahren der körperorientierten Psychotherapie
Es gibt eine Reihe von Verfahren der körperorientierten Psychotherapie. Am bekanntesten im Kontext der Traumatherapie ist Somatic Experiencing (SE) das Dr. Peter Levine entwickelte. Laut Levine berücksichtigt die kognitive Verhaltenstherapie wichtige Komponenten einer Erfahrung nicht, nämlich Affekt, Körperempfindung und visuelle Wahrnehmung. Trauma wird nicht als Ereignis definiert, sondern als körperliche Reaktion auf ein Ereignis. Das erklärt, warum Ereignisse auf manche Menschen traumatisierend wirken und auf andere nicht. Je nach dem, wie das Individuum im Moment der Bedrohung reagieren kann, bildet sich eine traumatische Erfahrung oder nicht.
Weitere geeignete körperorientierte Verfahren
Weitere geeignete körperorientierte Verfahren, um die Belastungen einer Beziehung zu einem malignen Narzissten oder Psychopathen zu verarbeiten und die Wunden zu heilen sind u.a. traumasensitives Yoga, sensumotorische Psychotherapie nach Pat Ogden und Biodynamik nach Gerda Boyesen. Auch Shiatsu und Craniosacraltherapie sind sehr wirkungsvoll. Reine Gesprächstherapie oder nur kognitive Verhaltenstherapie sind meiner Erfahrung nach, die auf den Rückmeldungen vieler Klientinnen beruht, nicht sehr erfolgversprechend. Gesprächstherapie kann zu einer verfrühten Traumaexposition führen und sogar schädlich sein. Dahinter steht die Vorstellung, dass es erleichternd wirkt, sich die Belastungen “von der Seele zu reden”. Das Gegenteil kann der Fall sein. Denn es hat durchaus seinen Sinn, dass ein Opfer sich nicht an die Misshandlung erinnern will und auch nicht darüber reden möchte.
Wenn bei einer Therapie für Opfer von Narzissten der Körper mit einbezogen wird, findet Heilung schneller und nachhaltiger statt, als mit reiner Gesprächstherapie.
Entspannungsverfahren
In der Therapie für Opfer von Narzissten kommt Entspannungsverfahren eine besondere Bedeutung. Zur Einleitung von Ego State Techniken sind sie sowieso notwendig, ebenso vor der Anwendung von Techniken aus dem Somatic Experiencing und anderen körperorientierten psychotherapeutischen Methoden. Davon abgesehen ist es für jeden Menschen, der die Folgen einer toxischen Beziehung und die Wunden narzisstischen Missbrauchs heilen möchte, notwendig, ein oder mehrere Entspannungstechniken zu lernen und zu praktizieren.
Achtsamkeit
Sich in die Gegenwart fokussieren. Wie fühlt sich mein Körper an? Wo bin ich, was sehe ich, wie ist das Licht, wie die Temperatur. Ganz bewusst den Körper und die Umgebung wahrnehmen, das reicht oft schon aus, um aus unangenehmen Zuständen in Entspannung zu wechseln. Die CIPOS Technik beispielsweise ist die Anwendung von Achtsamkeit im Kontext Trauma und Traumatherapie. Über Achtsamkeit nach Jon Kabat Zinn gibt es inzwischen viel Literatur und Kurse. Eigentlich ist Achtsamkeit aber nichts neues, sondern eine dem Menschen angeborene Fähigkeit. In vielen spirituellen Systemen weltweit findet man Achtsamkeit als Methode der Weiterentwicklung und der Lösung von unangenehmen Zuständen. So im Zen Buddhismus oder auch im Dadirri der australischen Urbevölkerung.
Atmung
Wenn man sich auf den Atem Konzentriert und einfach nur mit der Aufmerksamkeit der Bewegung des Atems folgt, reicht es oft schon aus, um die Gedanken und die Emotionen zu beruhigen. Das kann man immer wieder zwischendurch tagsüber machen, bis daraus eine Gewohnheit entsteht. Wer da tiefer einsteigen möchte, findet eine Unmenge an Literatur zum Thema.
Autogenes Training
Dieser Klassiker der Entspannung und Selbsthypnose ist sehr hilfreich. Nicht nur für die körperliche Entspannung. Auf Stufe zwei und drei kann man sehr gut selbst therapeutisch an sich arbeiten. Beispielsweise mit der formelhaften Vorsatzbildung.
Meditation
Sitzen, die Wirbelsäule aufrecht und auf den Atem fokussieren. Die Atemzüge zählen, bei jeder Ausatmung. Wenn man bei 10 angelangt ist, beginnt man wieder neu. Die Gedanken beobachten und vorbeiziehen lassen. Die Emotionen beobachten und ziehen lassen. Nichts festhalten. Wenn ich die Gedanken beobachten kann, bin ich nicht der Gedanke. Wenn ich die Emotionen beobachten kann, bin ich nicht die Emotion. Distanzierung von den Verletzungen, die man während der toxischen Beziehung und des narzisstischen Missbrauch erlitten hat, findet statt. Heilung kann geschehen.
Phantasiereisen
Geführte Phantasiereisen eignen sich hervorragend zur Entspannung. Hier gibt es eine Menge Auswahl. Es macht Sinn, diese mit Stabilisierungsmaßnahmen aus der Traumatherapie zu kombinieren und eine Phantasiereise zum „Sicheren inneren Ort“ zu machen. So oft und so lange, bis man sich jederzeit dahin versetzen kann. Auf der Homepage der Akademie für integrative Traumatherapie hat Peter Uwe Hesse eine solche geführte Reise zum inneren sicheren Ort neben anderen nützlichen Trancen veröffentlicht, gratis.
Sanfte Bewegungen
Tai Chi, Chi Gong und Feldenkrais wirken ebenfalls unterstützend bei der Integration. Sollten Sie einen Feldenkrais Therapeuten finden, der etwas von Trauma versteht, dann wird Ihnen das sehr von Nutzen sein.
Kontaktieren Sie uns, wenn Sie mehr über Therapie für Menschen aus toxischen Beziehung wissen möchten oder sich für unser Onlineangebot interessieren.